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Queerness in K-Pop

Hi, guten Abend und herzlich Willkommen zu einem weiteren QZIN Special.

Dieses Mal zum Thema “Queerness in K-Pop”.

Oh, Min, das ist aber ein Nischenthema, denkt ihr euch sicherlich. Ja, das mag sein, aber es heißt nicht, dass Nischenthemen nicht auch Bullshit reproduzieren, nicht? 🙂

Ich hatte diesen Artikel schon gegen Anfang Juni geplant – hatte dann aber, als ich ein Videoessay mit fast denselben inhaltlichen Punkten wie ich sie geplant hatte gesehen hatte, den Eintrag erst wieder verworfen. (hier ist das Video, für alle, die Interesse haben: https://www.youtube.com/watch?v=xGW-Snfu-30 + ein Video zu Queerbaiting in K-Pop: https://www.youtube.com/watch?v=iYUgcUbAElg&t=21s&ab_channel=moonbathingrite)

Bis heute.

 

Min, warum hast du deine Meinung geändert?

Ich bin ein bisschen wütend. Aber nur ein bisschen.

Aber warum bist du denn wütend?
Ja, hm, wo fang ich an …

 

Queerness in K-Pop?

Der Grund, weswegen ich mich schlussendlich doch für den Blogeintrag entschieden hab, war Ateez’ heutiges Comeback.

Was ein Ateez ist, fragt ihr euch? Eine K-Pop-Gruppe, bestehend aus acht männlichen Mitgliedern.

7 things you need to know about ATEEZ | allkpop
Die achtköpfige K-Pop Gruppe Ateez: (von oben / links nach rechts): Yunho, Jongho, Mingi, Wooyoung, San, Yeosang, Hongjoong, Seonghwa
Wooyoung/San sind außerdem das beliebteste “Ship” in Ateez neben Hongjoong/Seonghwa

Oh nein, was haben Ateez denn getan?
Tja, die Frage ist nicht, was haben Ateez getan, sondern eher: was haben die Fans getan?

 

In einem der heute neu erschienenen Lieder gibt es nämlich die Zeile “So tell me baby oh tell me baby – Boy I can’t let you go” und oh Junge, haben die Fans ein Fass aufgemacht: auf den Hinweis eines Fans bzgl. der Lyrics kamen Kommentare wie “sounds fruity to me hongjoong”, “The closet was never an option”, “Hongjoong really comes out every other day” oder “hetinys.. stop trying to make everything str8. ateez openly supports lgbt+ and it’s not a big deal or a surprise”.

 

Ich bin immer wieder fasziniert von der Naivität, mit der sich internationale K-Pop Fans durchs Leben schlagen. Glauben die wirklich, dass sich eine K-Pop-Gruppe so “indirekt” outet? In einem Land, in dem noch vor drei Jahren 95% der Befragten sagten, sie würden sich sehr “unwohl fühlen würden”, wenn Bekannte und Freund_innen sich als queer outen würden? (Studie: https://www.thechicagocouncil.org/commentary-and-analysis/blogs/south-koreans-becoming-more-accepting-lgbtq-community)

Und warum wird nur bei männlichen Idols ein Fass aufgemacht, wenn es um Homoerotik geht?

Ähnliche Reaktionen gab es zu Beginn des Jahres, als sich OneOnlyOf mit Libido an eine für uns vielleicht nicht ganz so gewagte Choreographie herangetastet haben – wortwörtlich. Denn Teil der Choreo ist es für zwei Mitglieder, sich zu betatschen und das inkludiert u.a. die Genitalgegend.

https://www.youtube.com/embed/nO2tjvZVJuk

Internationale Fans fanden das ganz wunderbar und hatten mal wieder etwas zum “Anhimmeln”. Die koreanischen Fans jedoch waren deutlich anderer Meinung: “I don’t like it because it’s just too outspoken”, “I think this is more like BL, not K-Pop” (Anmerk: BL = Boys Love, also eine Romanze zwischen zwei Jungs/Männern), “I had to change channels while looking at their performance”

Obwohl die meisten Fans in unserem Alter (also zwischen 13 – 25) sind, ist die vorherrschende Meinung in Korea immer noch relativ konservativ, was queere Themen angeht.

Im übrigen sind es nicht nur die Fans, die konservativ sein: ein weiteres Beispiel für “Gay-for-Pay” ist Super Junior, die zwar gerne mal auf der Bühne einander antatschen oder miteinander rummachen, jedoch hochgradig queerfeindliche Mitglieder in ihrer Truppe haben.

https://www.youtube.com/embed/tGJJ-_qRLlE

Mr Siwon hat nicht nur Kim Davis (prominente queerfeindliche Tante aus Amerika) RTed, sondern auch folgendes von sich gegeben: “While I respect all genders, I do not wish to acknowledge homosexuals, as I have been taught that God created man and woman with specific characteristics and duties. I realize that with globalization, there are many [entertainers] who do not share my views. There are those who are value-oriented and those who are success-oriented. However, shouldn’t an actor deliver an image to his audience through roles he chooses to portray, based on his beliefs in life?

Und ja, er hat tatsächlich gesagt, dass Menschen nur pro-LSBTIAAPQ+ sind, damit sie Kohle scheffeln können. Genau deswegen wird vielen queeren Künstler_innen auch geraten, sich nicht zu outen, weil sie sonst nicht mehr gebucht bzw. für das jeweilige Geschlecht nicht mehr attraktiv sind.

 

Wenn ihr euch jetzt auch an den Kopf langt, mache ich gleich mal weiter mit dem nächsten Punkt:

Nämlich die Tatsache, dass vor allem queeres Verhalten in männliche Idols interpretiert wird.

Gibt es jedoch weibliche Idols wie Sunmi – die sagte, sie würde auch eine Frau daten und generell als LSBTIAAPQ+ Queen der K-Pop Fans gilt – oder gar Songs wie G-Idles Oh My God, das sowohl auf Koreanisch als auch explizit auf Englisch von sapphischer Leidenschaft singt, werden diese komplett ignoriert.

(Für alle Neugierigen … Dankt mir später)

https://www.youtube.com/embed/om3n2ni8luE
Musikvideo zu G-Idles Oh My God, unserem sapphischen Anthem

Woran liegt es, dass weibliche Sexualität mal wieder unter den Teppich gekehrt wird, während männliche Sexualität übersexualisiert und überinterpretiert wird? Was wollen Fans damit erreichen?

Ist es, wie einige Psycholog_innen schon damals bei One Direction gesagt haben, nur eine traurige Projektion, um als Fans damit klarzukommen, dass das geliebte Idol einen niemals haben wollen würde, weswegen eins dann queeres Verhalten sucht, wo vielleicht gar keins ist? Ist es die Suche nach einem Vorbild, denn ja – wie oben erwähnt gibt es durchaus viele cishet Fans, die queeres Verhalten in Idols hineininterpretieren, wo womöglich gar keins ist – aber es gibt auch sehr viele queere Fans, die sich an jedem kleinen bisschen Queerfreundlichkeit aufhängen? Ist es Misogynie, weil Menschen Frauen ja keine eigene Sexualität zusprechen? … hey, ich werf nur Ideen in den Raum!

Was auch immer es sein mag: meist wird es mit dem nächsten Punkt deutlich auf die Spitze getrieben.

 

Shipping in K-Pop

Was ist Shipping?
Shipping wird definiert als “the desire by followers of a fandom for two or more people, either real-life people or fictional characters (in film, literature, television series, etc.) to be in a romantic or sexual relationship” (dt: der Wunsch der Fans, das zwei oder mehrere Leute aus dem wahren Leben oder fiktive Charaktere in einer romantischen oder sexuellen Beziehung sind)

Wie sieht Shipping in K-Pop aus?
Nun ja, neben Managements, die explizite “Ships” bilden, um Fans an die Gruppe zu binden und dahingehend entsprechenden Content zu produzieren, gibt es Fans, die MASSEN an Online- und Offline-Content zu den beliebtesten “Ship” oder auch zu “Rareships” (Beziehungen, die keine allzu große Fanbase haben) kreieren. Es ist eigentlich ganz spannend mit anzusehen, wie viele Fanfictions (Fan geschriebene Geschichten), Fanvideos, Compilations, Songs, Blogs und ähnlich es zu “Ships” gibt. (ein weiterer Artikel dazu: https://www.scmp.com/week-asia/lifestyle-culture/article/3119822/k-pops-gay-themed-real-person-slash-fanfiction-escape)

Blicken wir einmal auf BTS, der wohl aktuell bekanntesten K-Pop Gruppe: die bekanntesten “Ships” sind wohl YoonMin (Suga/Jimin), JiKook (Jimin/Jungkook), NamJin (RM/Jin) und VKook bzw TaeKook (V/Jungkook). Das sind nicht nur die typischen Freundschaftsdynamiken, sondern auch die beliebtesten “Ships” unter Armys (BTS’ Fandomname).

Während es für JiKook 8749 Fanfictions auf Archive of Our Own (AO3) gibt, hat VKook weit über 10.000 Fanfictions für sich eingenommen. Auch bei YouTube gibt es unzählige Videos, die Momente der jeweiligen Mitglieder miteinander analysieren und zumeist überinterpretieren, damit diese in die kleine perfekte Welt der Fans passen.

Why are some K-pop fans homophobic and always see 'gay' as a negative word?  - Quora
Kommentarsektion von einem YouTube-Video (vermutlich zu TaeKook): Anti: BTS are gay – Me: No they’re not – Also me: watches about 50+ videos of TaeKook

Ich bin deshalb so kritisch Fans gegenüber, die sich so aktiv in die Analyse queerfreundliches Verhalten diverser Idols einbringen, weil es neben queerfeindlichen koreanischen Fans auch internationale Fans gibt, die u.a. solchen Scheiß von sich geben:

cement bread در توییتر
Foto von den beiden Loona Mitgliedern Yves und Chuu. Yves füttert Chuu mit einer Erdbeere. Darunter der Kommentar: “I’m quite homophobic but the song and the mv is aesthetic”

Dieser Screenshot ist mittlerweile ein Running Gag unter K-Pop Fans geworden, doch häufig ist es tatsächlich so, dass nicht jeder Fan tatsächlichen queeren Menschen so offen gegenüber stehen. Vielmehr sind – vor allem männliche – queere “Ships” zu einer Projektionsfläche geworden. Die Idols werden als Fantasie gesehen und in den meisten Fälle bekommt eins das Gefühl, dass die jeweiligen Personen wirklich nur deshalb queerfreundliches Verhalten in die Interaktionen zweier Mitglieder lesen, damit sie diese nicht mit einer (anderen) Frau teilen müssen.

Nur allzu häufig haben sich sogenannte “Shipper” nämlich früher oder später als queerfeindlich enttarnt und das ganze mit “Aber ich shippe doch XX” abgetan.

So funktioniert Allyship allerdings nicht, Freunde.

Denn wenn ihr wirklich für queere Idols wärt, würdet ihr womöglich die paar unterstützen, die sich bereits geoutet haben und euch nicht welche zurechtbasteln.

 

Geoutete Idols in K-Pop

 

Die Liste ist nicht lang, die meisten Idols sind tatsächlich nicht mehr aktiv, nicht sonderlich erfolgreich oder hatten nie ein Management und ja, ich habe mehrere Artikel dazu lesen müssen, bis ich meine 10+ Idols hatte, die sich bereits geoutet haben, aber es gibt sie.

Die Idols, die sich als queer geoutet haben und in die niemand queerfreundliches Verhalten interpretieren muss, weil sie ganz klar gesagt haben: Ich bin queer und das ist gut so!

  • Holland (schwul)
  • MRSHLL / Marshall Bang (schwul)
  • D.I.P’s Seungho and B.Nish (queer? – nicht mehr aktiv)
  • D.I.P’s Hyeongseong (bisexuell)
  • Maman (erstes geoutetes lesbisches Idol – nicht mehr aktiv)
  • Harisu (trans)
  • LADY (trans Idolgruppe – nicht mehr aktiv)
  • Hanbit (trans)
  • ehemals TOPPDOGGs Minsung (acearo)
  • Som Hye In (bisexuell, hatte eine Freundin)
  • ehemals wa$up Jiae (bisexuell, hat eine Freundin)
  • Aquinas (bisexuell)
  • Hwang Sang Hoon (bisexuell, Sänger/Produzent)
  • Kwon Do Woon (schwul, Trot Sänger)

 

Von allen oben erwähnten Künstler_innen ist Holland vermutlich der bekannteste. Seine internationale Fanbase ist so groß, dass er 2019 auf kurzer Europa-Tour war. In Korea ist es jedoch so, dass er lange Zeit kein Management hatte und dass andere Idols, die ihn tatsächlich gemobbt haben, sehr viel erfolgreicher sind als er.

 

So, was wollte ich eigentlich mit diesem Blogeintrag aussagen?

Queersein gibt es in K-Pop in dem Sinne nicht – außer es wird bewusst in internationale Fandoms gegeben, die alles überanalysieren und dann so tun, als sei K-Pop der toleranteste Ort der Welt. Meist werden “Ships” von Management produziert und entsprechend gepusht, um die Fans bei Laune zu halten oder es wird homoerotisches Verhalten auf der Bühne gepusht, um eine Kontroverse auszulösen bzw. in Fanfantasien zu spielen und somit in den Schlagzeilen zu landen.

Was lernen wir daraus?
Nicht alles, was glänzt, ist auch gut. Aber das wussten wir bei K-Pop vorher schon.

 

Wenn ihr mich entschuldigt, ich muss jetzt wieder Ateez streamen gehen 😛

 

Passt weiterhin auf euch auf!
Min 🌈

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