3 Jahre GOQUEER
3 Jahre GOQUEER
Eine kurze Zeitreise durch die Geschichte der queeren Sendung aus Magdeburg
Vor drei Jahren, im Juni 2017, hieß es zum ersten Mal “Hallo und herzlich Willkommen zur GOQUEER ON FOCUS”. Dies war der Start eines neuen queeren Sendungsformates im Offenen Kanal Magdeburg. Seit dem Start ist einiges passiert! In dieser kleinen Zeitreise möchte ich euch ein wenig hinter die Kulissen der Sendung führen und euch einige Funfacts zur Sendung liefern.
Zu Beginn erstmal einige Zahlen rund um die Sendung:
In den drei Jahren haben wir insgesamt 25 reguläre Folgen gedreht. Wenn man es genau nimmt sind es nur 24 Folgen und eine Folge in Podcastform, bedingt durch eine Coronapause im Studio – aber wollen wir zum Geburtstag mal nicht zu kleinlich sein. Würde man alle Folgen am Stück schauen, wäre man ca. elf Stunden damit beschäftigt. An einer heutigen Folge sind ungefähr fünf bis sechs Leute beteiligt, die dafür sorgen, dass das Studioset steht, die Infos in den News recherchiert sind und die Technik und Abläufe reibungslos funktionieren. Diese Personen verbringen pro Sendung etwa fünf Stunden für Auf– und Abbau und die Aufzeichnung im Studio. Ungefähr die gleiche Zeit sitze ich als Projektleiter dann auch am Schnitt. Die Zeit, die für die Vorbereitung, die Bewerbung sowie die Verteilung an die einzelnen Kooperationssender und alle weiteren Formalitäten benötig wird, ist hier noch nicht berücksichtigt.
Seit dem Anfang, im Jahr 2017, hat sich das Format immer wieder neu erfunden. Ursprünglich sollte die Sendung eigentlich „GOQUEER Late–Night“ heißen. Kurz nach der Probesendung im Studio musste ein neuer Name her, da im geplanten Set Fenster mit Tageslichteinstrahlung waren, die bei der Aufzeichnung nicht abgedunkelt werden konnten. Late-Night in Kombination mit Tageslicht erschien uns dann doch ein wenig unpassend. Wir schauten uns also nach einem neuen Namen um. Wenn ich mich richtig erinnere kam dann von Robert (Sidekick & DJ seit der ersten Folge) der Vorschlag die Sendung „GOQUEER ON FOCUS“ zu nennen.
Obwohl der Name „Late-Night“ aus der Sendung gestrichen wurde war das Konzept der ersten Sendungen an eine Late-Night-Show angelehnt. Also Gäste, Stand-Up, ein Sidekick und Musik.Statt eines Stand-Up–Parts haben wir von Nachrichten aus der bunten queeren Welt berichtet.
Nach und nach haben wir uns an verschiedenen Rubriken versucht um die Sendung möglichst abwechslungsreich zu gestalten. Hier kann man zum Beispiel unsere Challenge in der zweiten Sendung nennen. Bei dieser Challenge wurden Johannes und Andrei in einem kleinen Ort bei Magdeburg ausgesetzt und mussten, ohne technische Hilfsmittel, einen Weg zurück in unsere damaligen Vereinsräume finden. Eine Aktion, die ich freiwillig nicht nochmal wiederholen würde. Es war ein anstrengender warmer Sommertag mit viel Umhergeirre und wurde am Ende des Tages durch einige Blasen an den Füßen noch ungemütlicher. Das Konzept der ganzen Aktion hatte sich in meinem Kopf weniger anstrengend angehört als sie es mit zwei mittelschweren Kameras und weiterer Technik im Gepäck im Endeffekt war. Dann gab es noch verschiedene weitere Beiträge. Zum Beispiel einen Beitrag über den Eurovision Song Contest 2018 mit offiziellem Videomaterial. Anfangs hätte ich nie gedacht, dass die EBU, die die Rechte rundum den ESC verwaltet, uns die Erlaubnis erteilt in unserer Sendung das Material der Veranstaltung zu zeigen. Ich dachte mir aber:“ Versuchen kann man es mal.“. Nach ein paar Mails zwischen einem Vertreter der EBU und mir hatten wir eine Erlaubnis. Ursprünglich sollte das Material nur zur Bebilderung einer News in der Sendung dienen. Der Großteil meiner Familie wohnt in der nähe von Köln und meistens, wenn ich dort bin, besuche ich das anyway bzw. deren Medienprojekt anyway.tv.
Im Laufe des Abends erzählte Max einem Akteur bei anyway.tv von dem Deal mit den ESC Bildern. Im Gespräch stellte sich heraus, dass Max ein großer Fan bzw. Kenner des ESC ist. Uns kam die Idee, dass wir aus der einfachen Meldung im News-Part einen Beitrag mit Max als Sprecher machen. So wurde aus einer geplanten News ein ganzer Beitrag. In kürzester Zeit, noch am selben Abend, schrieb Max einen Beitrag zu dem Thema. Parallel suchte ich mir Aufnahmetechnik und einen ruhigen Raum zum Aufzeichnen, was gar nicht so einfach war, da noch der übliche Verkehr im anyway herrschte. Was unter normalen Bedingungen natürlich super ist, aber nicht, wenn man einen Beitrag einsprechen will. Die Suche nach einem Raum verlief am Ende erfolgreich. Es war zwar keine professionelle Sprecherkammer, sondern ein kleiner Lagerraum im Keller des anyways. Dieser hatte aber den Vorteil, dass uns keiner bei den Aufnahmen störte und die Akustik war auch zufriedenstellend.
Wenn wir gerade schon thematisch in Köln sind: Mit dieser Stadt verbindet GOQUEER nicht nur das Einsprechen von Beiträgen im Keller sowie eine Sendung, die wir im gerade neueröffneten Café des anyway produzieren durften, sondern auch zwei Aktionen zu den CSDs 2017 und 2018, die wir in Zusammenarbeit mit dem Medienprojekt queerblick durchgeführt haben. Zum CSD 2017 in Köln sind wir, mit einer Kamera gewappnet, über das CSD–Gelände gegangen und haben Leute nach Küssen gefragt. Wir haben uns dann noch mit den Menschen über Bodyshaming unterhalten und gefragt, ob sie schon Erfahrungen oder Berührungspunkte mit dem Thema hatten. Im darauffolgen Jahr haben Leon und unsere Moderatorin Tessa sich damit befasst wie der Aufklärungsstand von schwulen Männern im Hinblick auf den Aufbau einer Vulva ist. Hierzu nutzen sie ein Modell, an dem die Testpersonen ihren Kenntnisstand unter Beweis stellen konnten.
Zurück zur Sendung im Studio bzw. dem Studioset. Auch dieses hat sich optisch seit der ersten Sendung stetig verändert bzw. verbessert. Anfangs konnten wir nur einen kleinen schwarzen Schreibtisch sowie ein Regal unser Eigen nennen. Den Schreibtisch haben wir gebraucht und relativ günstig über eine Kleinanzeige erworben. Das Regal war hingegen ein Zufallsfund. Dies geschah als wir den Schreibtisch vom Verkäufer abgeholt hatten und ihn zur Zwischenlagerung erstmal in unsere Vereinsräume bringen wollten. Als wir dort ankamen, waren die Nachbarn gerade dabei Möbel für den Sperrmüll an die Straße zu stellen – darunter auch unser späteres Regal. Da wir außer dem Schreibtisch keine weiteren Möbel hatten wanderte das aussortierte Badezimmerregal aus der Nachbarschaft ebenfalls in unser Zwischenlager. Beide Möbelstücke wurden dann für die erste Sendung noch ein wenig aufbereitet, schwarz angesprüht und mit Holznieten beklebt – diese hielten leider nicht allzu lange. Vor der ersten Sendung wurden dann noch schnell einige Dekoartikel besorgt und fertig war unser erstes Studioset!
Mit diesem Studioset sind wir dann die ersten Male auf Sendung gegangen. In der zweiten Hälfte des Jahres 2017 holten wir uns dann mit dem Film „Beloved Sam“ den zweiten Platz beim Jugendvideopreis, mit dem auch ein Preisgeld verbunden war. Mit dem Gewinn schloss sich ein Kreis. Erst durch den Kurzfilmworkshop zum Film haben sich Menschen gefunden, die sich dann im Medienprojekt GOQUEER organisierten, das die gleichnamige Sendung produziert. Der zweite Platz verhalf dazu, dass mehr Geld in der Kasse des Medienprojekts war, was nur darauf wartete für neue Studiodekoration ausgegeben zu werden. Es ging zum Shoppen ins allseits bekannte schwedische Möbelhaus. Dort wurden ein neuer, größerer Schreibtisch und ein neues Regal für das Set eingekauft. Genauso wie bei den ersten Möbeln wurden auch diese Möbel modifiziert und individualisiert. Der neue Schreibtisch sowie das Regal wurden mit Plexiglas verkleidet, sodass man sie von hinten bunt beleuchten konnte. Das sorgte für einen vorher nicht dagewesenen Eyecatcher und wertete das Ambiente ungemein auf. Später folgten dann weitere Modifikation am Studioaufbau in Form von Fadenvorhängen und anderen neuen Dekoartikeln.
Nachdem wir uns nach ca. einem Jahr eine gewisse Bekanntheit aufgebaut hatten, vor allem durch die Ausstrahlung über den YouTube Kanal von queerblick, wurde auch nochmal am Namen geschraubt. Wir haben von Falk Steinborn, der uns bei der Sendung hin und wieder berät, den Tipp bekommen der Sendung den gleichen Namen wie dem Medienprojekt zu verpassen, um einen prägnanteren Namen für die Sendung zu haben. Die meisten Leute hatten sowieso immer das Problem das Medienprojekt GOQUEER und unsere Sendung GOQUEER ON FOCUS auseinander zu halten. Das Problem konnten wir durch den neuen und kürzeren Namen GOQUEER, für Sendung und Projekt, abhaken. Mit diesem Schachzug haben wir zwei Probleme auf einmal gelöst. Neben dem neuen Namen bekamen die Sendung und das Medienprojekt auch einen neuen optischen Anstrich verpasst.
Obwohl wir erst wenige Jahre auf Sendung sind konnten wir schon den ein oder anderen Preis gewinnen. Der erste Preis, den wir für GOQUEER bekommen haben, war der Jugendengagementpreis Sachsen-Anhalt, welcher 2018 im Magdeburger Moritzhof an uns für unser Engagement verliehen wurde. 2019 wurden wir dann sogar für den Deutschen Engagementpreis nominiert. 2020 haben wir es dann in die Endrunde des Wettbewerbes LOVE is LOVE, einem Wettbewerb für queere Vielfalt, geschafft und sind nach dem Publikumsvoting auf dem 3.Platz gelandet.
Anfangs noch als eine tagsüber stattfindende Art der Late-Night-Show gestartet, entwickelte sich GOQUEER im Laufe der Zeit mehr und mehr hin zu einem queeren Infotainment Magazin. Neben den weiteren Änderungen am Format hat sich die Sendereichweite von GOQUEER, seit dem Start im Juni 2017, sehr positiv gestaltet. Durch die Ausstrahlung von queerblick, mit seinen aktuell 190.000 Abonnenten, und weiteren Sendplätzen in ganz Deutschland sowie ab Juli 2020 auch Österreich bei anderen offenen Kanälen in Berlin, Hamburg,Wien, Mainz oder Rostock erreichen wir heute, in der Theorie, ein Millionenpublikum mit unseren Sendungen.
Ich hätte es vor drei Jahren nicht für möglich gehalten, dass sich mein „Baby“ GOQUEER sowie meine Grundidee für die Sendung so lange halten und sich das Ganze auf diese Weise entwickelt. Obwohl ich schreibe, dass GOQUEER mein „Baby“ ist, stimmt das natürlich nicht. Für den Erfolg sind neben mir auch noch viele andere Personen verantwortlich. Deshalb möchte ich mich am Ende dieser kleinen Zeitreise durch 3 Jahre GOQUEER als Sendung bei einigen Menschen bedanken, ohne die es die Sendung in ihrer jetzigen Form nicht gäbe. Mein Dank gilt all unseren Moderatoren, die die Sendung seit 2017 moderiert haben, sowie den fleißigen Helfern & Akteuren hinter der Kamera, ohne die unsere Sendung nicht funktionieren würde. Ein weiterer Dank geht an das Medienprojekt queerblick inklusive Falk Steinborn als Ansprechpartner für Kooperationen und seine Ratschläge bzw. seinen Beistand als Medientrainer. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Bettina Wiengarn als Leiterin und Vertreterin des Offenen Kanals Magdeburg, ohne die wir 2017 nicht im Studio des OK Magdeburg auf Sendung gegangen wären. Zu guter Letzt danke ich auch allen unseren Kooperationssendern in ganz Deutschland & Österreich für die Ausstrahlung unserer Sendung. All diese genannten Personen, Kanäle & Sender tragen dazu bei, dass LSBTI*–Themen in die breite Gesellschaft getragen werden. Mit dieser Präsenz können wir Vorurteile gegenüber LSBTI* abbauen und dazu beitragen, dass queere Jugendliche und junge Erwachsene weitere Identifikationsfiguren in den Medien haben.